Ozeanien und China: viele Verlierer, ein Sieger?

Zwei Inselstaaten Ozeaniens brachen ihre diplomatischen Beziehungen zu Taiwan im September 2019 ab. Der chinesische Druck auf Taiwan, wo 2020 Präsidentschaftswahlen stattfinden, verstärkt sich. Dieser Abbruch der Beziehungen zeigt nicht nur den Druck auf Taiwan, sondern auch die starken Einflüsse Chinas auf die Region Ozeanien.

Die Demonstrationen in Hong Kong für Freiheit und Demokratie ermutigen auch die Bürger in Taiwan zur Erhaltung ihrer Freiheit und gegen die Ein-China Politik (ein Land, zwei Systeme). Die amtierende taiwanesische Präsidentin Tsai Ing-wen strebt ihre Wiederwahl im Januar 2020 an. China andrerseits versucht Taiwan zu isolieren, was dazu führte, dass zwei Inselstaaten Ozeaniens, die Salomonen und Kiribati, im selben Monat die diplomatischen Beziehungen zu Taiwan abbrachen. Taiwan unterhält folglich nur noch mit 15 Ländern diplomatische Beziehungen, darunter vier Inselstaaten Ozeaniens. Die chinesische Politik bezweckt aber nicht nur die Schwächung und Isolierung Taiwans, sondern auch eine Störung oder Blockierung der Verbindungen innerhalb der US Allianz, z.B. zu Australien und Japan.


Inselstaaten mit hohen Schulden trotz reicher Bodenschätze

Die Inselstaaten Ozeaniens besitzen sowohl reiche Meeresressourcen als auch Bodenschätze wie Kupfer, Nickel, Erdgas und Erdöl. Ihre ausschliessliche Wirtschaftszone (AWZ) ist dank zahlreichen kleinen Inseln enorm gross. Da ihnen aber entsprechende Technologien und erfahrene Arbeiter zum Abbau und zur Weiterverarbeitung bisher fehlten, sind noch genug Bodenschätze vorhanden. Heute jedoch wird ihre Förderung teilweise mit Hilfe verbesserter Technologien durchgeführt.

Chinas Investitionen und Entwicklungshilfe in Ozeanien kennen keine Grenzen, ähnlich wie in Afrika und Südasien. So sind die Inselstaaten viel stärker von der chinesischen Wirtschaft abhängig geworden, da China Kredite ohne Bedingungen vergibt, während andere Länder wie Australien als Voraussetzung für Kredite auf innerpolitische Veränderungen pochen. Papua-Neuguinea (PNG), Fidschi, Vanuatu, Samoa und Tonga sind grosse Empfänger von Entwicklungshilfe und Kreditnehmer. Bei den meisten Inselstaaten Ozeaniens häufen sich die Schulden gegenüber China dergestalt, dass fast die Hälfte aller Verpflichtungen China geschuldet ist (Tonga z.B. sogar über 60%)[1]. Der chinesische Druck wegen Rückzahlung der Kredite wird immer stärker. Das Resultat bei Nichtrückzahlung könnte so aussehen wie in Sri Lanka, wo der Hafen Hambantota für 99 Jahre an China geleast werden musste.

Chinesische Auswanderer nach Ozeanien nehmen wirtschaftliche Tätigkeiten auf und erhalten dadurch Zugang zu Politik und Wirtschaft in diesen Ländern. Als Australien noch alleiniger Regionalmachthaber war, hatten die Inselstaaten fast keinen Handels – und politischen Spielraum. Seit China die Präsenz in der Region durch die wirtschaftliche Hilfe stärkte, verhandeln die Inselstaaten nun sowohl mit Australien als auch mit China, um bessere Bedingungen zu erhalten.


Geopolitisch wichtige Lage

Ein wichtiger Seeweg vom Mittleren Osten nach Ostasien (Taiwan, Japan und Südkorea) führt durch die Malakka Strasse ins Südchinesische Meer. Alternativ ermöglicht die Lombok Strasse den Zugang zum Pazifik und Mikronesien, wo die USA dominant sind. Der letztere Seeweg gilt auch für Verbindungen zwischen Afrika und Ostasien. Seerouten zwischen Australien und den USA durchqueren Ozeanien. Wichtige amerikanische Stützpunkte wie Guam und Hawaii liegen in dieser Region.

Während des Zweiten Weltkriegs war die Region von den USA und Japan heftig umkämpft. Das Imperial Japanische Militär versuchte, den Verbindungsweg zwischen den USA und Australien zu unterbrechen. Was China gegenwärtig durch verstärkte Präsenz in der Region anstrebt, ähnelt der damaligen Strategie Japans. Falls chinesische Angriffe auf Taiwan oder Zwischenfälle zwischen Japan und China im Ostchinesischen Meer vorkämen, wäre es fraglich, ob die US Unterstützung von Guam rechtzeitig eingesetzt werden könnte. Der US Stützpunk Guam liegt nur ca. 720 km von der nächstliegenden Insel der Föderierten Staaten von Mikronesien entfernt. Die USA trafen mit Mikronesien, den Marschall Inseln und Palau eine Vereinbarung (Compact of Free Association: COFA), wodurch die USA die Verantwortung für die Landesverteidigung für diese drei Länder übernehmen. Diese Übereinkunft endet im Jahr 2024 (2044 für Palau). Potential für Kompetenzstreitigkeiten zwischen China und den USA ist möglichweise vorhanden.

Chinas Expansion in Ozeanien

Chinas Strategie der Expansion im Südchinesischen Meer kann in Ozeanien noch besser umgesetzt werden, zumal keine künstlichen Inseln in Ozeanien gebaut werden müssen. Tonga, Fidschi und PNG unterhalten eigene kleine Armeen und werden von China materiell und technisch unterstützt. Angesichts dieser Situation beschlossen die USA, Australien und Japan im Sommer 2019, Fidschis Militär zu unterstützen.[2] Chinas Entwicklungshilfe – z.B. für Vanuatu – beinhaltete Infrastrukturprojekte, und es gab ein Gerücht (australische Medien berichteten darüber), dass China einen Militärstützpunkt auf der Insel bauen würde. Vanuatu dementierte zwar, aber der Verdacht bleibt bestehen.[3] China besass einst auf Kiribati (ab 2003 bis 2019 mit Taiwan diplomatische Beziehungen, danach wieder mit China) eine Funkstelle, die angeblich eine amerikanische Raketenabschussbasis auf den Marschall Inseln beobachtet habe. Dass China auf Kiribati militärische Basen bauen könnte, kann nicht ausgeschlossen werden. Inzwischen ist ein angeblich im September abgeschlossener Leasingvertrag zwischen den Salomonen und einer chinesischen Firma ans Licht gekommen. Eine ganze Insel wird vermietet, und der Verdacht wird gehegt, dass die Nutzung militärischen Zwecken dienen könnte.

Die folgenden Häfen werden als strategisch wichtig betrachtet und mit chinesischen Investitionen ausgebaut: Suva in Fidschi, Port Moresby und Arawa in PNG, Luganville in Vanuatu. Ein chinesisches Telemetrie-Schiff hat bereits sechs Mal den Hafen Suva angelaufen, um Wartungsarbeiten durchzuführen. Eine ähnliche Entwicklung wie in Dschibuti in Afrika ist vorstellbar. Als China im Jahr 2017 in Dschibuti am Golf von Aden seine erste Militärbasis im Ausland baute, war offiziell lediglich die Rede von einer logistischen Basis. Dschibuti erhielt finanzielle Hilfe von China, um die Infrastruktur zu schaffen. China investierte gleichzeitig in den Aufbau einer freien Handelszone. Nun leidet Dschibuti unter einer Schuldenlast. China könnte zuletzt den Hafen in Besitz nehmen und auf die Politik Dschibutis Einfluss ausüben.


Der Weg von China nach Lateinamerika

Der südliche Ansatzpunkt des chinesischen Projekts «One Belt One Road» ist Ozeanien. Chinas strategische Linien der Ersten und Zweiten Inselkette sind wohlbekannt. Die zweite Inselkette verläuft von Japan über Guam bis PNG, was die Wichtigkeit dieser Region für China bezeugt.

Neben den USA besitzen Frankreich und England Territorien in Ozeanien. Frankreich hat Militärstützpunkte auf Neukaledonien und Französisch-Polynesien. In Neukaledonien ist eine Kommunikationssatellitenbasis, die angeblich zur Aufklärung dient. Auf der Insel gibt es aber eine Unabhängigkeitsbewegung und der chinesische Einfluss auf die Wirtschaft wächst. Das Engagement Frankreichs im Südchinesischen Meer zeigt wohl, dass Frankreich die chinesische Expansion in den Pazifik sehr ernst nimmt und seine Inseln halten will.

Ferner fördert China wirtschaftliche Beziehungen zu Lateinamerika, vor allem zu Chile. Chile bekundete klar seinen Willen, am Projekt «One Belt One Road» teilzunehmen. Für den Seeweg von China nach Südamerika ist Ozeanien essentiell.


Fazit

Der chinesische Präsident Xi äusserte einst, dass der Pazifik gross genug für die USA und China sei. Die Osthälfte gehört zum Einflussgebiet der USA und die andere Hälfte zu China. Neulich ist von der Dritten Inselkette neben der Ersten und Zweiten die Rede[4]. Die Dritte Inselkette reicht von Hawaii via Samoa nach Neuseeland. Ob China seine Kontrolle bis dahin erweitern wird/kann ist unklar, aber die Situation Ozeaniens nähert sich durch die chinesische Geldpolitik der des Südchinesischen Meeres an.

[1] Reuters: Lending leap: China, Taiwan loans to the Pacific rise, July 24, 2018. http://fingfx.thomsonreuters.com/gfx/rngs/CHINA-LENDING/010071EP2RP/china-lending-pacific.jpg

[2] Sankei: Nichibeigo ga Fiji Gun Shien de renkei, July 13, 2019. https://www.sankei.com/politics/news/190713/plt1907130028-n1.html

[3] The Guardian: Australia must prepare for a Chinese military base in the Pacific, July 15, 2019. https://www.theguardian.com/world/

[4] Nana Yamashita, Column 142, JMSDF Command and Staff College, July 18, 2019.

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