Die Seestrassen von Malakka und Hormus sind für energiearme und vom Öl aus dem Mittleren Osten abhängige Länder lebensnotwendig. Chinas durchdachte Energiepolitik verstärkt auch seinen regionalen Einfluss dort, während die USA sich scheinbar zurückziehen. Die von China und Russland geführte Shanghai Cooperation Organisation expandiert allmählich.
Die Wichtigkeit der Seestrasse von Hormus
In der Strasse von Hormus wurden Öltanker angegriffen, was die Wichtigkeit der Sicherheit der Seestrasse erneut in Erinnerung rief. Im Jahr 2013 passierten 57% des gesamten weltweit seetransportierten Öls und der Ölprodukte die Engpässe Hormus und Malakka. Über 85% des Öls, das allein durch die Strasse von Homus transportiert wurde, waren für Asien (China, Japan, Südkorea, Indien, etc.) und der Rest für Europa und die USA bestimmt. Auch über 30% des weltweit exportierten Flüssigerdgases (LNG) wird durch diese Seestrasse transportiert.[1] Obwohl Pipelines, die zum Roten Meer respektive zum Golf von Oman führen, vorhanden sind, ist deren Lieferkapazität sehr gering (unter 20%). Amerika wird dank der Ausbeutung seiner Schieferöl- und Schiefergasvorkommen bald eine Netto-Energieexportnation werden, deren Energieabhängigkeit vom Mittleren Osten sehr geschrumpft ist. Dies mag teilweise Amerikas Desinteresse an dieser Region erklären. Überdies ist die weitere Existenz des US Stützpunkts Diego Garcia im Indischen Ozean unklar, weil der Internationale Gerichtshof zum Schluss kam, dass der heutige Besitzer England die Insel an Mauritius zurückgeben müsse. Sollte eine Rückgabe erfolgen, bräuchten die USA zur Nutzung der Insel das Einverständnis von Mauritius.
Die Breite der passierbaren Seestrasse von Hormus ist nur 3.2 km je Richtung, liegt im Hoheitsgebiet von Oman und wird von ihm kontrolliert. An die Hormus Strasse schliesst der Persische Golf an, wo ein zwischen dem Iran und den Vereinigten Arabischen Emiraten umstrittenes Gebiet liegt. Die in Bahrain stationierten US Seestreitkräfte und die in Katar stationierten Luftwachen kontrollieren stets die Region des Persischen Golfs und des Arabischen und Roten Meeres.
Energie-Unabhängigkeit
Die Energiebeschaffung beeinflusst die nationale Sicherheitspolitik. Die Energie-Unabhängigkeit Chinas betrug im Jahr 2015 84%, während 2016 die USA zu 88% energieunabhängig waren, die Schweiz 49%, Deutschland 37%, Südkorea 18%, Taiwan 11% und Japan 7% (vor der Fukushima AKW Katastrophe im Jahr 2011 waren es 20.2%).[2] Darüber hinaus spielt der Energiemix ebenfalls eine grosse Rolle. Neben der Entwicklung erneuerbarer Energien und Speichertechnologien sowie neuen alternativen Energien wie Methanhydrat ist die Diversifizierung der Importregionen unentbehrlich, um das Risiko zu minimieren.
Japan z.B. ist stark auf Öl angewiesen (42% der gesamten Primärenergie), wovon über 86% aus dem Mittleren Osten (Saudi-Arabien, UAE, Katar etc.) stammen, während Gas (LNG) und Kohle diversifiziert importiert wird von Australien, Malaysien, Katar, Russland etc. Im Gegensatz zu Japan ist Kohle die hauptsächliche Primärenergiequelle für China (67%). Chinas Ölanteil liegt bei 18%, wovon 51% aus dem Mittleren Osten stammen. Die Menge der Ölimporte Chinas ist jedoch sehr hoch: 7,66 Millionen Barrel pro Tag (mio. bd) im Jahr 2016.[3] China versucht, den Anteil an Kernenergie, Gas und erneuerbaren Energien zu steigern.
Süd- und Nordkorea, Japan und die USA
Präsident Trump kritisierte das Sicherheitsabkommen zwischen den USA und Japan als einseitig und unfair. Er äusserte kurz nach dem Gipfeltreffen in Osaka im Juni 2019, dass Amerika Japan schütze, aber Japan keine solche Pflicht zum Schutz gegenüber den USA habe. Der Grund für das einseitige Abkommen ist Artikel 9 der japanischen Verfassung, der die Unterhaltung von Streitkräften und das Kriegführen verbietet. Als Kompensation übernimmt Japan über 70% der Gesamtkosten für die US Truppen und Stützpunkte. Trumps Äusserung ist jedoch völlig gerechtfertigt. Bemerkenswert ist aber die zeitliche Abstimmung. Trump reiste gleich nach dem G20 Treffen in Osaka nach Südkorea und traf sich mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-un an der DMZ. Gemäss Medien trafen sie sich spontan, aber das Treffen wird wohl gut vorbereitet worden sein. Da dem nordkoreanischen Machthaber das letzte Treffen im Februar 2019 in Hanoi, Vietnam, misslang und er sein Gesicht verlor, wollte er nicht riskieren, sich einfach ohne Vorbereitung mit Trump zu treffen. Die Vereinigung der beiden Koreas und dadurch der Abzug der US Truppen aus Südkorea könnte sich vielleicht nähern. Falls der Koreanische Krieg endlich als beendet erklärt würde, verlören die US Truppen in Südkorea die Legimitation für ihre Stationierung. Trumps Kritik gegenüber dem Sicherheitsabkommen mit Japan beinhaltet, dass Japan einsatzbereite Streitkräfte besitzen sollte. Das ist ein neues Phänomen. Ein US Präsident fordert so etwas von Japan und kein Nachbarland kritisiert oder zeigt sich besorgt über eine Remilitarisierung Japans, so wie das sonst üblich war. Darüber hinaus forderte Trump, dass China und Japan die eigenen Schiffe in der Strasse von Hormus selbst schützen müssten.
Chinas Energiepolitik und regionale Präsenz
Gemäss einer US Behörde hat China zwischen Ende Juni und Anfang Juli auf einer künstlichen Insel in der Nähe der Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer Raketentests (ballistische Anti-Schiff-Raketen) durchgeführt. In dieser Gegend setzen sich die USA und alliierte Kriegsschiffe für die freie Navigation ein. Die Militarisierung der künstlichen chinesischen Inseln im Südchinesischen Meer ist offensichtlich geworden. Falls der Schiffsverkehr in dieser Region be- oder verhindert würde (mehrere Akteure denkbar), müssten Schiffe durch südliche Passagen umgeleitet werden, was wegen zeitlichem Aufwand Mehrkosten verursachen würde. China hat deshalb Öl- und Gaspipelines von Myanmar nach China gebaut und baut nun auch solche durch Pakistan. Pipelines durch das Kaspische Meer und vom Iran durch Afghanistan nach China sollen bereits geplant worden sein. Friedensgespräche zwischen den USA und den Taliban fanden im Juli in Katar statt, worüber positiv berichtet wurde.[4] Vor den Gesprächen besuchte eine Taliban Delegation China, und der pakistanische Präsident sieht vor, sich mit dem Taliban-Anführer zu treffen. Nachdem sich die US Truppen langsam aus Afghanistan zurückziehen, stärkt die Shanghai Cooperation Organisation unter China und Russland ihre dortige Präsenz. Zudem hat China einige Häfen in Anrainerstaaten im Indischen Ozean und im Südchinesischen Meer gemietet, was als Perlenketten- Strategie (String of Pearls) bekannt ist.
China hat ausserdem ein enormes Potential, wie die USA Energieproduzent zu werden. Grössere Vorkommen von Schieferöl und -gas begünstigen China und es beschleunigt nun deren Ausbeutung. Über eine Teilnahme von Shell wurde schon berichtet.
Ein Inselstaat wie Japan ist auf Energielieferungen auf dem Seeweg angewiesen. Eine andere Möglichkeit der Lieferung durch Pipelines könnte aber auch denkbar sein: von Sachalin nach Hokkaido.
Fazit
Wegen der Entwicklung der Schieferöl- und Schiefergasproduktion in den USA reduzierte Amerika seine Energieabhängigkeit vom Mittleren Osten (und auch das Interesse an dieser Region). Das heisst, dass das Sicherheitsrisiko in der Region und für vom Öl aus dem Mittleren Osten abhängiger Länder wie Japan steigt. Die immer stärker werdende chinesische Kontrolle im Südchinesischen Meer macht die Sicherstellung des japanischen Seeverkehrs noch schwieriger. China und Russland werden wohl die Profiteure bei einem möglichen Abzug der USA aus Afghanistan, unklarer Positionen der Türkei gegenüber den USA und Russland und den Spannungen zwischen dem Iran und den USA sein. Die Shanghai Cooperation Organisation dürfte expandieren, da Afghanistan, Iran und die Mongolei einen Beitritt erwägen. Gerüchteweise hörte man auch von einem türkischen Beitritt. Eine umfassende Energiepolitik zur Sicherstellung der Energietransporte, die Diversifizierung der Energieanbieter und Energiequellen sowie die Beschleunigung der Forschung in Elektrizitätsspeichertechnologien ist für ressourcenarme Länder sicherheitspolitisch (über)lebenswichtig.
[1] Japan Petroleum Energy Center (JPEC) Report, April 28, 2015. http://www.pecj.or.jp/japanese/minireport/pdf/H27_2015/2015-002.pdf
[2] The Institute of Energy Economics, Japan. https://eneken.ieej.or.jp/journal/trend.html
[3] Ministry of Economy, Trade and Industry. https://www.meti.go.jp/shingikai/enecho/shigen_nenryo/pdf/023_04_00.pdf
[4] UPI: Taliban: Afghan peace talks with U.S. 80-90 percent finished. July 3, 2019. https://www.upi.com/Top_News/World-News/2019/07/03/Taliban-Afghan-peace-talks-with-US-80-90-percent-finished/4321562167576/