Süd- und Ostchinesisches Meer: «America first» Implikationen

Den wiederkehrenden nordkoreanischen Raketen- und Nukleartests wurde so viel Beachtung geschenkt, dass die chinesische Expansionspolitik im Südchinesischen Meer seit einer Weile von den Medien nicht mehr thematisiert wird.

In der Tat hat China gegen Ende 2017 den Bau der künstlichen Inseln im Südchinesischen Meer zu militärischen Zwecken erstmals öffentlich zugegeben. Die Inseln seien nun so optimal erweitert, um der militärischen Verteidigung dienen zu können. China werde sich weiterhin diesen Erweiterungsarbeiten widmen.[1] Gegen diese Ankündigung Chinas folgten tatsächlich fast keine Reaktionen.

Im November und Dezember 2017 desertierte je ein nordkoreanischer Soldat nach Südkorea, und Fischerboote mit oder ohne Besatzungsmitglieder aus Nordkorea treiben in zunehmender Zahl an die nordjapanischen Küsten. Die UNO-Sanktionen gegen Nordkorea könnten wohl einige Wirkungen gehabt haben. Andrerseits wurden aber heimliche russische und chinesische Erdöllieferungen an Nordkorea entdeckt.[2]

Bevor Nordkorea die Technologien zum Bau ICBMs und zur Verkleinerung der nuklearen Sprengköpfe besitzt, mögen die USA Nordkorea entweder angreifen oder als Nuklearstaat akzeptieren. Je länger die gegenwärtige Situation bestehen bleibt, desto mehr profitiert China, aber letztlich könnte wohl auch Nordkorea ICBMs besitzen. Im Falle eines amerikanischen Angriffs auf Nordkorea sind massive Zerstörungskräfte des Erstschlages unentbehrlich, um Beschädigungen durch einen Gegenangriff gegen Südkorea und/oder Japan minimieren zu können. Terroristische Angriffe in Südkorea und Japan könnten wohl auch noch passieren, da zahlreiche nordkoreanische Geheimdienste bereits eingedrungen sein sollen. Die obengenannten Fischerboote sind auch in diesem Licht zu betrachten.

Denkbare Szenarien auf der Halbinsel

Ob Nordkorea eine Bedrohung sowohl für Amerika wie auch für Russland und China darstellt, kann bezweifelt werden. Die äusserst ungleiche militärische Stärke der drei Grossmächte in Bezug auf Nordkoreas Kapazitäten ist offensichtlich. Unberechenbar ist Nordkorea auch nicht. Die Weitergabe von Nuklearwaffen und Raketentechnologien an afrikanische Staaten oder Länder im Mittleren Osten durch Nordkorea könnte von den USA, Russland und China verhindert werden, falls Waffengeschäfte Nordkoreas den Interessen der Grossstaaten widersprechen.

Ob Trump die Vorschläge Russlands und Chinas akzeptiert, dass im Austausch für die Suspendierung des nordkoreanischen Atomprogramms und der Wiederaufnahme wirtschaftlicher Beziehungen zu Russland, China und Südkorea die gemeinsamen US-südkoreanischen Militärmanöver eingestellt werden, ist die zentrale Frage. Südkorea unterstützt anscheinend diese Vorschläge, was jedoch seine Position als US-Alliierter in Frage stellt. Ernster für Amerika könnte die Besorgnis um den Fortbestand der Allianz mit Südkorea und Japan werden. Nordkorea besitzt bereits Raketen mit nuklearen Sprengköpfen, die Südkorea erreichen können, und konventionelle Raketen bis Japan. Für diese zwei Länder könnte sich der Nuklearschutz der USA abschwächen. Solange der jetzige südkoreanische Präsident amtiert, könnte Südkoreas Sicherheitspolitik eher auf China und Russland ausgerichtet sein. Die in Südkorea stationierten US-Truppen würden sich in diesem Fall von der Halbinsel zurückziehen. Sollten sich darüber hinaus Süd- und Nordkorea in Zukunft vereinen, kann sich der neue Staat Korea die Nukleartechnologien von Nordkorea einverleiben. Dies wäre eines der schlimmsten vorstellbaren Resultate für Japan. Auch andere Länder, insbesondere Taiwan und die ASEAN Staaten, zweifeln an der amerikanischen Präsenz als Abschreckung in Asien.

Ändern sich die Interessen und Strategien der USA als Seemacht?

Wie US Präsident Trump mit “America first” ankündigte, sind zweifellos die eigenen Interessen zentral, aber die eigenen Traditionen und die Würde sollten auch nicht geringgeschätzt werden.

Die Theorie Alfred Thayer Mahans (1840-1914), die auf die US Strategie und die Seestreitkräfte prinzipielle Einflüsse ausübte, steht angeblich heute noch bei den US Strategien in hohem Ansehen. Eine steigende Produktion brauche weltweite Märkte. Um die Produktionsstandorte mit den Märkten zu verbinden, würden Verschiffungsindustrien und Reedereien gefördert, und die Aufgabe der Seestreitkräfte sei der Schutz der Handelsflotten und der Märkte; dadurch gedeihe der Staat. Die internationalen Gesetze sind nicht perfekt, und zahlreiche Militärbasen sind zur Seekontrolle nötig. Die traditionell auf dieser Theorie basierende US Navy könnte in Schwierigkeiten geraten, da die Politik bis heute die Expansionspolitik Chinas im Südchinesischen Meer übersieht. Hat sich die Wichtigkeit dieser Region als Markt für Amerika verkleinert? Amerika importiert nicht viel Erdöl aus den Staaten am Persischen Golf, welches um das Kap der Guten Hoffnung in die USA transportiert wird.[3]

Die US-Haupthandelspartner sind Kanada, Mexico, China, Europa, Japan usw., aber nicht die ASEAN Länder und Taiwan. Die Bedeutung des Südchinesischen Meeres scheint für die USA unwichtiger zu werden. Sollte US Präsident Trump seinen «America first» Interessen folgen, sollten sich die US-Seestreitkräfte eigentlich bis zur Zweiten Inselkette (also bis Guam) zurückziehen. Aus einem Sicherheitsaspekt heraus betrachtet ist aber dieses Gebiet nicht ganz unwichtig für Amerika. China will die Seewege zum Pazifik ohne amerikanische Einmischung unter seine feste Kontrolle bringen, damit seine U-Boot-gestützten Raketen (SLBM) das amerikanische Festland erreichen können. China verstärkt darum die Seestreitkräfte vor allem mit U-Booten. Sollte die USA die Kontrolle in der Region aufteilen wollen, könnte sich Amerika auf den Pazifikraum konzentrieren, während die Kontrolle im Süd- und Ostchinesischen Meer hauptsächlich Japan, Australien, Vietnam und den Philippinen überlassen würde. Diese Länder müssten aber zuerst ihre Seestreitkräfte verstärken.

Wenn die USA die obgenannten Vorschläge Chinas und Russlands akzeptieren, würde auch Amerikas Rückzug aus dem Südchinesischen Meer möglich und realistisch. In diesem Fall könnten sich nicht nur die US Truppen aus Südkorea, sondern eventuell sogar auch aus Japan zurückziehen. Strategieänderungen Japans und Südkoreas als direkt von Nordkorea bedrohte Staaten sind dann zu erwarten, wenn sich der jetzige Status Quo auf der koreanischen Halbinsel hält. Insbesondere im Süd- und Ostchinesischen Meer ist aber eine neue Powerbalance gegen China jetzt schon unentbehrlich.

Fazit

Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die US-Seestreitkräfte hervorragend und erreichten hegemoniale Präsenz in Asien. Gewichtet Amerika seine jetzigen «America first» Interessen höher als die Traditionen und die Würde vergangener Zeiten, wird es in näherer Zukunft auf die erste Position seiner Streitkräfte in der Welt verzichten müssen, da China diesen Platz übernehmen wird. Ob Trump und Nachfolger aber diese Realität akzeptieren können, darf bezweifelt werden. Wenn die USA trotzdem weiterhin im Südchinesischen Meer präsent bleiben wollen, wie verhindern sie die Expansionspolitik Chinas in diesem Gebiet?

China wird Atomkraftwerke auf Schiffen installieren, um den auf seinen künstlichen Inseln gebrauchten Energiebedarf stets abdecken zu können. Der Wahrheitsgehalt der Daten zum chinesischen Wirtschaftswachstum wird immer wieder in Frage gestellt; darum wird immer wieder ein Marktzusammenbruch heraufbeschworen. Aber China hat den Vorteil eines Einparteienstaates geschickt so ausgespielt, dass die Kontrolle der chinesischen kommunistischen Partei tief in die chinesische Wirtschaft eingedrungen ist. Nicht nur in staatlichen sondern auch ausländischen Unternehmungen wird eine KP-Kommission eingeführt, deren Leiter Vorstandsvorsitzender der Firma wird.[4] Parteichef Xi Jinping versucht wohl seine diktatorische Position weiter auszubauen. Chinas Wirtschaft könnte darum noch eine Zeit lang scheinbar stabil funktionierend bleiben.

Ob die gemeinsamen militärischen Manöver Amerikas und Südkoreas nach den Olympischen Winterspielen und den Winter-Paralympics (Ende: 18. März 2018) tatsächlich  ̶  in eventuell verkleinerter Form  ̶  stattfinden werden, könnte auf eine reduzierte Präsenz oder sogar den Rückzug der USA aus Ostasien hindeuten.

[1] Sankei News: Chugoku “Jinkoutou wa Gunjimokuteki”, 26.12.2017. [Stand 27.12.2017]

[2] Yomiuri Shimbun: Churokigyou Kitahe Sekiyuseiseihin Mitsuyumou, 01.01.2018 [Stand 2.1.2018]

[3] U.S. Energy Information Administration (eia): fraqs, [Stand 4.1.2018]

[4] Sankei News: Doitsukigyou “Chyugokukara tettaimo” 29.11.2017. [Stand 4.1.2018]

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