Durch die Klimaveränderung zeichnet sich die Benützung des nördlichen Seeweges über die russische Arktis ab. Dieser Seeweg ist zwischen Europa und Asien kürzer als die Suez-Kanal-Route. So ist die Strecke zwischen Tokio und Rotterdam um ca. 40% kürzer. Die Gefahr von Piraten besteht nicht. Für den Fall einer zunehmenden Destabilisierung der Lage im Mittleren Osten würde die Nordost-Passage als Ersatz dienen. Des Weiteren existieren im Nordpolarmeer umfangreiche Vorkommen an Erdöl, Erdgas und Manganknollen. Wegen der Klimaveränderung nimmt dieses Gebiet für die Ausbeutung von Rohstoffen und Mineralien an Bedeutung zu. Bereits jetzt wird ein Projekt auf der Jamal-Halbinsel umgesetzt. Ab 2016 soll dort Erdgas gefördert werden.
Die Nordost-Passage weist aber auch Nachteile auf. So ist das verfügbare eisfrei schiffbare Zeitfenster begrenzt (meistens zwischen Juni und Oktober). Dieses Zeitfenster kann nicht im Voraus geplant werden, da die Kälteperiode im Winter jedes Jahr unterschiedlich lang ist. Das eigentliche Problem ist aber, dass diese Passage entlang dem russischem Gebiet führt. Für die Benützung gelten die russischen Gesetze. Russland verlangt von allen Schiffen, die durch diese Passage fahren, dass sie von russischen Eisbrechern eskortiert werden. Des Weiteren ist es denkbar, dass im Falle eines Konflikts Russland die Passage sperren könnte.
Die Anrainerstaaten des Nordpolarmeeres und andere interessierte Nationen versuchen bereits jetzt ihre Interessen und Ziele zu optimieren. Der Arktische Rat (etabliert 1996) besteht aus den Anrainerstaaten Dänemark, Finnland, Island, Kanada, Norwegen, Russland, Schweden und den USA. Beobachterstatus haben Frankreich, Deutschland, Polen, Spanien, Niederlande, England, Italien, China, Indien, Japan, Südkorea und Singapur. In der Arktis gelten die Regeln des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen. In ihren Gebieten dürfen aber die Anrainerstaaten ihre eigenen Gesetze durchsetzen. Die Nordost-Passage hat auch für die russischen Seestreitkräfte viele Vorteile. So kann die russische Nordflotte von Murmansk aus ungehindert den Pazifik und das Japanische Meer erreichen.
Chinas Interesse am Arktischen Ozean wird immer deutlicher. Offenbar hat ein chinesischer Unternehmer (vermutlich im Dienste der chinesischen Regierung) versucht ein Grundstück in Island zu kaufen.[1] 2012 durchschiffte ein chinesischer Eisbrecher ohne eine russische Eskorte von Island aus die Nordost-Passage. Chinesische Kriegsschiffe sind auch ins Ochotskische Meer vorgestossen. Möglicherweise deshalb hat Russland den Status von Japan als Beobachter im Arktischen Rat unterstützt. Anderseits hat China mit Nordkorea ein Abkommen für die Benützung eines Hafens nahe der La-Pérouse-Strasse und der Soya-Strasse abgeschlossen.
Für Japan ist die Versorgung mit Rohstoffen aus der Jamal-Halbinsel sehr wichtig. Leider fehlt Japan eine Sicherheitsstrategie für die Energieversorgung. Erst seit 2014 versucht Japan zusammen mit privaten Unternehmern seine Beziehungen zu den Anrainerstaaten des Nordpolarmeeres zu intensivieren. China anderseits hat bereits 2013 mit Island ein FTA abgeschlossen. Des Weiteren bietet Südkorea anderen Staaten den Kauf von Eisbrechern an.
Sollte die Bedeutung der Nordost-Passage zunehmen, dann könnte dies auch zu einer Bedrohung für die Sicherheit von Japan werden. Die La-Pérouse- und die Soya-Strasse (zwischen Hokkaido und Sachalin) und die Tsugaru-Strasse (zwischen Hokkaido und der Hauptinsel Japans) könnten gegenüber der Malakka-Strasse wichtiger werden. Schiffe von Europa nach China, Südkorea und Vladiwostok würden entweder die Tsugaru- oder die Soya-Strasse benützen. Deshalb müsste Japan seine Kriegsmarine für die Kontrolle seiner nördlichen Seewege ausbauen.
Zwischen Japan und Russland existieren gemeinsame Interessen. Russland will seine Erdöl- und Erdgasvorkommen verkaufen und Japan will sie kaufen. Russland benötigt für die Entwicklung seiner Industrie moderne Technologie, und Japan könnte diese liefern. Gleichzeitig sind beide Staaten an einer Eindämmung der machtpolitischen Expansion von China interessiert. Leider stellt der Kurilen-Konflikt (Etorofu, Kunashiri, Shikotan und Habomai Inseln) ein Hindernis zu dieser Zusammenarbeit dar. Die umstrittenen Kurilen-Inseln sind aufgrund einer geheimen Absprache zwischen Russland und der USA am Ende des Zweiten Weltkriegs an Russland übergeben worden. Erst 1956 haben Japan und Russland wieder diplomatische Beziehungen aufgenommen. Beide Länder wollten bereits damals ein Friedensabkommen abschliessen. Russland schlug deshalb vor, zwei der umstrittenen Inseln (Shikotan und Habomai) an Japan zurückzugeben. Japan war daran interessiert, aber angeblich haben die USA für den Fall eines solchen Abkommens Japan damit gedroht, dass sie das damals im US-Besitz befindliche Okinawa Japan nie zurückgegeben würden.
1992 machte Russland wieder ein ähnliches Angebot. Leider lehnte Japan auch diesen Vorschlag ab. Japan hat diese Chance für die Rückführung der beiden südlichen Inseln verpasst. 1992 wären die USA vermutlich nicht gegen ein solches Abkommen gewesen. Ein Friedensabkommen zwischen Japan und Russland ist bis heute nicht abgeschlossen worden. Gegenwärtig verstärkt Russland seine Präsenz im Nordpolarmeer. Verschiedene Militärstützpunkte und Militäranlagen aus der Zeit der UdSSR werden wieder erneuert und benützt. Auf den umstrittenen Kurilen-Inseln will Russland bis Ende 2016 300 Militäranlagen erstellen.[2]
Die Situation in Ostasien hat sich aufgrund der zunehmenden Machtstellung Chinas verändert. Die USA, Russland und Japan dürften an der Eindämmung von China gemeinsam interessiert sein. Durch eine Vereinbarung zwischen Japan und Russland betreffend der Benützung der Nordost-Passage könnten die Aktivitäten Chinas im Nordpolarmeer, im Ochotskischen Meer und im Nordpazifik besser kontrolliert werden. Gleichzeitig könnte Japan mit Russland über die Rückgabe der zwei südlichen Inseln verhandeln und Russland zu einem späteren Zeitpunkt die anderen beiden Inseln abkaufen. Durch eine wirtschaftliche Zusammenarbeit könnten Russland und Japan die Regionen von Sibirien, Sachalin, Kamtschatka und der umstrittenen Inseln gemeinsam entwickeln, was im Interesse beider Seiten wäre. Durch diese Zusammenarbeit könnte auch der Vorstoss der chinesische Unternehmer ins russische Sibirien abgewehrt werden. Japan braucht gleichzeitig eine noch engere Kommunikation mit den USA, damit es den USA kein falsches Signal gibt (Bündnispartner). Der Verzicht auf die Inseln könnte aberauch ein falsches Signal an China und Südkorea (umstrittene Inseln) aussenden.
[1] Hokkaido Shinbun: Henkyo no Chi Island Hokutobu, Chugoku nazono Baishu mosaku (Ausgeschnittener Ort in Island, chinesischer Rätselversuch zum Kaufen), August 6, 2014. [accessed January 10, 2016] http://dd.hokkaido-np.co.jp/cont/kyokutou_part5/2-0008589.html
[2] Sankei Shinbun: Hoppouryoudo no Rogunshisetsu nennnai ni subete kannseiwo to shiji, Roshia Kokuboushou (Alle Militäranlagen auf den Kurilen werden innerhalb dieses Jahres fertig gebaut sein müssen, befiehlt der russische Verteidigungsminister), Januar 12, 2016. [accessed January 14, 2016] http://www.sankei.com/world/news/160112/wor1601120077-n1.html