Das Coronavirus verursacht wegen Informationsdefiziten der chinesischen Regierung tragische Konsequenzen. China fährt bereits die Wirtschaft wieder hoch und sein Militär ̶ unabhängig von der Bekämpfung des Virus ̶ agiert noch aggressiver als zuvor im Süd- und Ostchinesischen Meer. Der Schaden in einer globalisierten Welt ist beträchtlich.
Prolog: Kreuzfahrten, Epidemien, unklare Zuständigkeiten
Das Kreuzfahrtschiff Diamond Princess mit gut 3,700 Personen an Bord lag ab 3. Februar 2020 wegen des Coronavirus zwei Wochen lang im Hafen von Yokohama (Japan) unter Quarantäne. Eine solche Situation hatte Japan bisher noch nie erlebt. Das Schiff fuhr unter der Flagge des Vereinigten Königreichs, und der Eigner war eine britisch-US-amerikanische Firma. Das Drittland Japan musste die Schutz- und Rettungsoperationen durchführen. Der Kapitän trägt die Verantwortung und die Flagge bestimmt die anwendbaren Gesetze. Die japanischen Behörden agierten unkoordiniert und mit unterschiedlicher Gefahrenwahrnehmung. Die Politiker betrachteten eine Ausbreitung des Virus nicht als nationale Gefahr und schlossen daher eine Beteiligung der japanischen Armee (SDF) zunächst aus.
Am 27. März 2020 befanden sich noch 14 Kreuzfahrtschiffe in der Nähe von australischen Häfen – ohne Einlaufgenehmigung.
Schwache politische Entscheidungen in Japan
Im Januar 2020 besuchten über 920,000 Chinesen (auch aus Wuhan) Japan. Erst ab 27. Januar verbot China Gruppenreisen ins Ausland. Japan startete Einreiserestriktionen (mit zweiwöchiger Quarantäne) für Personen aus China sogar erst ab 9. März, was der Regierung massiv vorgeworfen wurde. Touristen aus China kauften die Schutzmasken in Japan auf. Gegen Ende Januar fehlten diese in Japan. Einige japanische Firmen lassen sie in China produzieren, aber die Masken wurden angeblich seit Ende Januar auf Befehl der Regierung Chinas zurückbehalten.[1] Die Amtszeit von Premier Abe läuft im September 2021 aus, und er hat eine mögliche weitere Kandidatur abgelehnt. Innerhalb der regierenden Partei hat ein Nachfolgekampf begonnen. Auch die Tokioter Gouverneurin zeigte fehlendes Krisenmanagement und versucht nun, ihre Versäumnisse zu verdecken.
Fehlende US Seestreitkräfte in Asien
Einige der über 4,000 Besatzungsmitglieder des US-Flugzeugträgers USS Theodore Roosevelt sind mit dem Virus infiziert worden und Anfang April wurde mehr als die Hälfte der Besatzungsmitglieder nach Guam evakuiert. Er hatte am 5. März den Hafen von Da Nang in Vietnam angelaufen und blieb drei Tage dort. Dieser Besuch mit Landgang während der Ausbreitung des Virus kann wahrscheinlich kritisiert werden, obwohl seit Mitte Februar keine Infizierten mehr in Vietnam bestätigt wurden.[2] Auch der Flugzeugträger USS Ronald Reagan, der gegenwärtig zu Unterhaltsarbeiten in Yokosuka in Japan liegt, hat am Virus Erkrankte.[3] In weiteren Trägern wurden Besatzungsmitglieder infiziert. Da die Flugzeugträger, die für die Asien Pazifik Region zuständig sind, nicht schnell wieder einsatzfähig sein werden, steigt die Gefahr einer Machtlücke in der Indo-Pazifik Region.
Chinas Militär im Süd- und Ostchinesischen Meer
Chinesische Militärflugzeuge flogen am 9. Februar über die Bashistrasse in den westlichen Pazifikraum und über die Miyakostrasse zurück nach China. Am 10. Februar überflogen Kampfjets sogar die Mittellinie zwischen Taiwan und China. China führte am 10. März ein Manöver der See- und Luftstreitkräfte im Südchinesischen Meer durch. Am selben Tag hielt die US Navy eine Freedom of Navigation Operation ab und absolvierte am 19. März ein Manöver im Südchinesischen und im Philippinischen Meer. Darauf reagierte China mit der Warnung einer möglichen Anwendung von elektromagnetischen Impulsen (EMP). Zuvor, am 17. Februar, wurde ein US Seefernaufklärer im Hochseegebiet von einem chinesischen Zerstörer per Feuerleitradar angepeilt. China hielt am 16. März Nachtübungen ab und Militärjets überflogen die Mittellinie zu Taiwan.[4] Chinesische Küstenwachschiffe kommen trotz der Pandemie fast täglich in die unmittelbare Nähe der Senkaku Inseln. Am 30. März kollidierte ein SDF Zerstörer mit einem chinesischen Fischerboot im Ostchinesischen Meer. Nahe den Paracel-Inseln wurde am 2. April ein vietnamesisches Fischerboot von einem Küstenwachschiff Chinas gerammt und sank. Chinas Flugzeugträger Liaoning und seine Begleitflotte passierten am 11. April die Miyakostrasse zum Pazifik. Ungeachtet der weltweit ernsten Situation wegen des Coronavirus ist das chinesische Militär noch aggressiver geworden als zuvor.
Solch aggressive Operationen Chinas könnten aber zum Teil eine Ablenkung von der Unzufriedenheit des Volks sein, denn über 200 Millionen Arbeiter auf dem Land sind noch nicht in die Grossstädte zurückgekehrt. Es wäre auch möglich, dass ihre Arbeitsstellen inzwischen verschwunden sind. Aus Sorge vor einem Mangel an Nahrungsmitteln gibt es wahrscheinlich schon zahlreiche Krawalle. Der Einkauf von Reis, Getreide, Öl und Mais als Reserve hat wohl begonnen. Wanderheuschrecken, die von Afrika nach Asien wandern, verursachten bereits massive Schäden in Pakistan und Indien. China befürchtet eine teilweise Beeinträchtigung der Lebensmittelproduktion, sollte die Plage das Land ebenfalls erreichen.
Nordkorea und Südkorea
Die wiederholten Raketentests von Nordkorea ̶ am 2., 9., 21., und 29. März ̶ könnten auf eine instabile politische Situation des Machthabers Kim Jong-un und seiner Familie hindeuten. Der US Präsident schickte Mitte Februar einen Brief an Kim Jong-un und bot ihm eine Zusammenarbeit in der Bekämpfung gegen die Ausbreitung des Coronavirus an, den die Schwester Kims beantwortete. Auch auf die Vorwürfe Südkoreas gegen die Raketentests am 2. Februar reagierte sie, nicht Kim Jong-un. Der US Kommandant in Südkorea bestätigte am 13. März, dass Nordkorea seit ca. einem Monat weder militärische Aktionen noch Flugübungen durchführe. Verschiedene japanische Medien berichteten, dass Nordkorea über 2,000 Leute unter Quarantäne gestellt und internationale Organisationen um Hilfe gebeten habe. Nach wie vor hält sich das Gerücht, dass der Machthaber Nordkoreas schwer krank sei.
Besonders im Frühling leiden die Nordkoreaner unter Lebensmittelmangel. Erschwerend kommt hinzu, dass die Grenze zu China wegen des Virus geschlossen wurde. Lebensmittelschmuggel aus China hat wohl die Ausbreitung der Erkrankung begünstigt. Das Kim Regime ist wohl mit einer unstabilen Situation konfrontiert, und die Schwester Kims muss nun ihre Führungsqualitäten unter Beweis stellen.
Südkorea könnte vielleicht nach den Parlamentswahlen im April die Pro-Nordkorea und Anti-Japan Politik festigen. Präsident Moon, der bis Mai 2022 amtet, ist angeblich ein Anhänger der von Kim Il Sung entwickelten Juche Doktrin – Selbstständigkeit unter Anleitung eines grossen Führers. Würde ein Rückzug des US Militärs aus Südkorea deswegen beschleunigt werden?
Fazit
Während Amerika und seine Alliierten pausenlos das Coronavirus bekämpfen, belebt sich Chinas Wirtschaft wieder durch den Export von medizinischen Waren. Parallel dazu operiert Chinas Militär sehr gezielt im Süd- und Ostchinesischen Meer. Je länger die Bekämpfung des Virus und der wirtschaftliche Wiederaufbau danach in den USA andauern, desto grösser wird die Machtlücke in der Indo-Pazifik Region. China hat wieder begonnen, Firmen mit tiefen Aktienkursen in Industrieländern zu kaufen. Ob die Industrieländer ihre Produktionen ins eigene Land zurückholen können, hat beträchtlichen Einfluss auf die Entwicklung eines sich hegemonial verstehenden Chinas.
Exportrestriktionen oder sogar Exportverbote, aber auch der Einkauf von Lebensmittelreserven haben in einigen Ländern (auch China) schon begonnen. Aus Afrika stammende Wanderheuschrecken haben das Potential, zusätzlich einen Mangel an Lebens- und Futtermitteln zu verursachen. Nach Schutzmasken und anderem medizinischem Gerät könnten Nahrungsmittel zum nächsten Kampfobjekt in der Welt werden.
[1] Mainichi Newspapers: Warum fehlen Schutzmasken? 21.03.2020. https://mainichi.jp.
[2] Embassy of Japan in Vietnam.
[3] JIJI Press: US Flugzeugträger wegen Ausbreitung des Virus lahmgelegt, 02.04.2020. https://www.jiji.com.
[4] The Jamestown Foundation: Military Activity and Political Signaling in the Taiwan Strait in Early 2020, 01.04.2020. https://jamestown.org/program/military-activity-and-political-signaling-in-the-taiwan-strait-in-early-2020/